Pflege: Menschenwürdige Lebensbedingungen nur mit motivierenden Arbeitsbedingungen

28. Februar 2024

Dass Österreichs Pflegesystem dringend reformbedürftig ist, wird von niemandem mehr bestritten. Zu knappe Personalbemessung und schlechte Rahmenbedingungen machen nicht nur den Beschäftigten zu schaffen und führen zu hohen Ausstiegsraten in den Pflegeberufen, sie machen es den Pflegekräften auch trotz aufopfernden Engagements sehr schwer, eine menschenwürdige Betreuung der zu Pflegenden sicherzustellen. Darauf hatte Volksanwalt Bernhard Achitz vor genau vier Jahren in einer Pressekonferenz gemeinsam mit den AK-Präsidenten Johann Kalliauer (Oberösterreich) und Erwin Zangerl (Tirol) hingewiesen. „Dann ist die Corona-Pandemie ausgebrochen, die die Lage weiter verschärft hat. Trotz sinnvoller Maßnahmen wie zum Beispiel Pflegeausbildungsprämien ist der Personalmangel aber enorm. Er ist Grund für viele Beanstandungen, wenn die Kommissionen der Volksanwaltschaft Alten- und Pflegeheime, aber auch Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen oder Kinder- und Jugend-WGs kontrollieren.“ Ein Blick auf die Forderungen vier Jahre später zeigt: Sie gelten nach wie vor.

Steht Personal unter Zeitdruck, steigt Risiko für Menschenrechtsverletzungen

„Die Volksanwaltschaft kontrolliert jedes Jahr hunderte Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige oder Menschen mit Behinderung leben – und regelmäßig stoßen wir dabei auf Menschenrechtsverletzungen“, sagt Volksanwalt Bernhard Achitz: „In den allermeisten Fällen ist offensichtlich: Das Pflegepersonal tut sein Bestes, aber die Rahmenbedingungen machen ganzheitliche, aktivierende und integrierte Pflege und Betreuung schwierig bis unmöglich.“ Beispiele für Probleme durch zu wenig Pflegepersonal: Ruhigstellung durch Medikamente, Einsperren, Freiheitsentzug durch schwer zu öffnende Türen oder Liftsperren, Mangelernährung oder Dehydration, Abendessen schon am Nachmittag, vorzeitige Nachtruhe, fehlende Beschäftigungsangebote und fehlende Hygiene.

Verbesserungen sind etwa durch spätere Nachtruhe, flexible Essenszeiten, Abendprogramm auf den Stationen oder Begleitung in den Garten möglich. Dafür ist mehr Personal notwendig. Auch mehr Fortbildungen sind erforderlich, etwa zu Gewalt und Deeskalationsmanagement. „Klar ist: Menschenrechtsverletzungen müssen sofort beseitigt werden“, fordert Achitz. „Ausreichende finanzielle Mittel und entsprechend qualifiziertes Personal sind der Schlüssel für menschenwürdige Bedingungen. Steht das Personal unter Zeitdruck, steigt das Risiko für Menschenrechtsverletzungen, weil nur noch das Notwendigste erledigt werden kann“, so der Volksanwalt. Damit ausreichend Menschen für den Pflegedienst gewonnen werden können, müssen die Bedingungen besser werden.

SERVICE: Die Volksanwaltschaft ist unter post@volksanwaltschaft.gv.at sowie unter der kostenlosen Servicenummer 0800 223 223 erreichbar.